Interview mit Anne Duk Hee Jordan

 

Die Künstlerin Anne Duk Hee Jordan in dem Raum der Zitadelle:

 

„Oh, Mist!: ja, wie bekomme ich den Mist darein?”

 

Anne Duk Hee Jordan ist Künstlerin, Bildhauerin und macht raumgreifende Installationen, die viel mit Kinetik, Robotik, Natur und Film zu tun haben. Letztes Jahr war sie in Südamerika, wo sie viel Bildmaterial für „UNRUHIG BLEIBEN – Staying with the Trouble“ aufgenommen hat: Die ganze Zeit war sie auf Schlangen-, Vögel- und Spinnensuche.

In „UNRUHIG BLEIBEN“ ist sie als Bühnenbildnerin tätig. Der Regisseur Carlos Manuel kam auf sie zu, nachdem er im September 2018 die Ausstellung „Ziggy on the Land of Drunken Trees – Ziggy auf dem Lande betrunkener Bäume“ von ihr gesehen hat.

 

Im Projekt „UNRUHIG BLEIBEN“ arbeitest du mit dem Regisseur Carlos Manuel zusammen. Wie würdest du die Zusammenarbeit mit ihm beschreiben?

Ich war vom ersten Moment an begeistert, an diesem Projekt mitarbeiten zu können. Auch gerade über dieses Buch und vor allen Dingen, so ein Bühnenbild aufzubauen, was ja sehr ins Installative geht. Mit Carlos Manuel ist es wirklich eine sehr fruchtende Zusammenarbeit, weil er mitdenkt und wir uns über alles austauschen. Das passiert im Kunstkontext eher selten.

 

Kanntest du das Buch vorher?

D: Ja. Ich habe es gelesen und ich beschäftige mich mit diesem Thema einfach auch schon lange.

 

Mit welchem Thema? Utopie oder Feminismus oder?

Nein, eigentlich mit dem Thema der verändernden Sexualität in der Ökologie und wie die Zustände und Relationen zusammen aufgebaut sind. Und dann ist da natürlich Donna Haraway als futuristische Person interessant. Sie ist ja schon älter, aber trotzdem sehr weit in ihrem Geist voraus.

Basierend auf diesem Buch interessiert mich nicht das Anthropozän, das jetzige Zeitalter. Mich interessiert eher: Was könnte danach passieren? Und auch die Form der Adaption. Sich Verwandtmachen, die Tatsache, dass immer mehr alles genderfluid wird. Es gibt zum Beispiel Bäume wie die Eibe, die ist irgendwie fünftausend Jahre alt, war männlich und hat ihr Geschlecht letztes Jahr, glaube ich, gewechselt. Die hat auf einmal Früchte getragen und die Wissenschaftler waren alle erstaunt!

Donna Haraway spricht von Camille. Sie ist non-binary. Und ich denke auch, dass das eine Normalität ist, man soll das nicht als etwas außerhalb unserer Gesellschaft annehmen.

 

Kannst du dich noch erinnern, als du dieses Buch gelesen hast, ob du es visuell anders gelesen hast als jetzt?

Ich habe für „UNRUHIG BLEIBEN“ das Buch nicht wieder gelesen. Ich wollte da nicht mehr reingehen, sondern mich mit dem Phänomen der Migration der Tiere auseinandersetzen. Die Monarchfalter starten ihre Migration in Kanda, kommen dann als Ururenkel endlich in Mexiko an. Über drei Generationen machen sie diese Migration. Und auf diesem Weg stirbt die eine Generation, dann die andere und dann die nächste. Das Wissen, was in dem Buch von Donna Haraway ist, was man einverleibt und intellektuell verarbeitet hat, muss in einem Gefühl rüberkommen um das visuell greifbar zu machen.

 

C: Was findest du essentiell oder sehr wichtig in der Gestaltung der Atmosphäre des Bühnenbilds?

 

D: Ach, das wäre der Kompost gewesen. [lacht] Dann die kleinen Critters. Das sind diese Critters, die Donna Haraway beschreibt. Die sind non-binary und sie bestehen aus Teekessel. Ein Critter beispielsweise ist ein großer Teekessel aus Aluminium, der zwei Programme mit Sensoren hat. Er geht erst langsam, dreht sich immer, wenn er einen Gegenstand sieht und geht dann weg. Und dann kommt dieses zweite Programm, wo du irgendwann Licht und Blitze innen siehst und dann fängt er an mit dem Deckel zu klappern und sollte eigentlich auch Rauch aus dem Schnabel rauslassen.

Und dieser Teekessel – wir haben ihn Goethe genannt, weil er so schön klappert –, der symbolisiert den Klimawechsel. Er symbolisiert den Wind, den Sturm, den Donner, den Rauch. Dieses aber auf eine ganz humorvolle Art und Weise, wobei es ja alles sehr tragisch ist. Und dann gibt es eine ganz amorphe Figur von diesem Critter, aus Latex. Wie eine Schlangenhaut mit komischen Noppen, die da rausgehen und innen drin ist ein Licht, was sich die ganze Zeit dreht. Und die bewegen sich alle durch den Raum. Normaler Weise ist es so, dass diese Kreaturen sich in dem Raum behaupten, weil die Zuschauer, die weichen immer weg davon und machen dadurch Choreografien.

 

Wo überschneiden sich die Vorstellungen vom Leben und Zukunft von Donna Haraway mit deinen persönlichen?

Ich denke, dass es wichtig ist, sich Synergien zu schaffen, auch Symbionten zu haben. Und das ist nicht etwas, was futuristisch ist oder erst in 20 Jahren geschieht, sondern unser ganzer Körper ist eigentlich ein Symbiont und besteht aus Bakterien und aus Netzwerken; ohne bestimmte Bakterien im Darm kann unser Immunsystem sich nicht gesund entfalten und wir können damit nicht überleben. Genauso wie die Pilze die für die Bäume oder für den Boden zuständig sind. Das sind alles Symbionten und Parasiten, Bakterien. Das ist auf jeden Fall etwas, was wissenschaftlich und ganz grundlegend real ist.

Die Leute bekommen ja mittlerweile schon Chips überall eingesetzt. Man bekommt diese Hörgeräte, man wird da verschaltet, man hat irgendwann ein Auge, was sich ausfahren lassen kann. Es ist irgendwie alles schon real da. Vielleicht noch nicht ganz greifbar, aber das wird mit den Jahren immer mehr, denke ich.

 

 

 

 

 

Vorstellungen

Premiere am 08. Mai um 19 Uhr

 

weitere Vorstellungen am:

 

Do 09.05 19:00
Sa 18.05 19:00
So 19.05 16:00
Mo 20.05 11:00
Do 23.05 19:00
Fr 24.05 19:00
Sa 25.05 19:00 (mit Audio-Deskription und Gebärden-Übersetzung (Bühnenführung um 18Uhr))
Mo 27.05 11:00
Mi 29.05 19:00 (im Rahmen des PAF, Performing Art Festival Berlin)

 

Adresse

Zitadelle Spandau

Am Juliusturm 64

13599 Berlin

Bastion Kronprinz

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Mitwirkende

Carlos Manuel - Regie
Anne Duk Hee Jordan - Rauminstallation / Bühnenbild
Mathias Hinke - Musik
Verena Hay - Kostüme

und Fernanda Farah, Franziska Ritter, Helmut Geffke und Josep Caballero Garcia - Darsteller*innen

Julia Schreiner - Produktion

 

Kontakte

Kartenvorbestellung:

schreiner@jtw-spandau.de

 Presse:

 Ciprian Marinescu

 01784518623

 presse@unruhig-bleiben.de